Lessons learned

Ja, mein Lebenslauf ist viel länger, als fast die meisten Empfehlungen. „Maximal 2 Seiten – es sind sowieso nur die letzten 3 Jobs relevant.“

Nicht einmal auf die schnelllebige Technik bezogen, finde ich das falsch. Denn noch immer hilft mir spezielles Excel-Wissen, das ich mir in meinen ersten 2 Jahren an der Microsoft Excel Hotline aneignete.

Besonders wichtig finde ich, was mit Technik wenig zu tun hat: Erfahrungen, die ich irgendwann machte, die mir im Gedächtnis blieben und die ich mir seitdem immer wieder vergegenwärtige: Meine Lessons learned.

Lächeln hilft

Bei den Schulungen für meinen ersten Job im Support empfahl man uns bei der Begrüßung am Telefon zu lächeln.

Am Telefon?!?

Ja, es wirkt, auch wenn das Gegenüber das Lächeln nicht sieht. Die ausgestrahlte Freundlichkeit kommt oft zurück. Und falls mal nicht, bin ich professionell genug, um damit umgehen zu können.

Lächeln hilft noch mehr, wenn es gesehen wird

Das klingt wie eine Binsenweisheit, dennoch lassen viele ihre Kamera bei Videomeetings lieber aus. Dabei hilft nicht nur ein Lächeln, sondern Mimik allgemein. Also, Kamera an!

Lächeln hilft auch im Text

Lang galten Emojis als unprofessionell. Doch hier und da finde ich ein 🙂 eine nette Bereicherung.

Die IT ist für Menschen da – nicht umgekehrt

Als ich mit Engineering für mit Terminalserver/Citrix anfing, war die Härtung von Servern das Novum. Einstellungsmöglichkeiten für User waren auf das Nötigste beschränkt, um eventuell entstehende Probleme oder gar Möglichkeiten für Manipulationen im vorn herein zu minimieren.

Warum sollte ein User die Möglichkeit benötigen, die Anzeigeschrift zu ändern? Was soll ein User an der Tastatur ändern wollen?

Mein erstes Projekt war die Anbindung von Programmierern, die Code für BS2000 warteten. Die Besonderheit war, dass es sich um Menschen mit einer Behinderung handelte.
Als ich unseren Kunden vor Projektstart besuchte, sah ich in einem abgedunkelten Raum einen der Programmierer im Code arbeiten. Die Anzeige war schwarz/weiß und die Schrift größer, da er nur über 2 % Sehleistung verfügte.
Ein anderer Coder war ab dem Hals gelähmt, sodass er seine Arme nicht mehr nutzen konnte und bediente die Tastatur über eine Vorrichtung mit seinem Mund.

Da lernte ich schnell, dass ich die IT an die Menschen anpassen möchte, da sich manche Menschen nicht an die IT anpassen können.

Ebenso ist es mir seitdem wichtig, die Menschen und deren Arbeitsumgebung am besten vor Ort kennenzulernen.

Mein Gehalt verdiene nicht ich

Soweit ich mich erinnere, habe ich als IT-Mensch fast nie etwas geschaffen, was direkt Geld einbrachte. Bestenfalls konnte ich durch Automatisierung Geld einsparen oder mittels sicheren Umgebungen verhindern, dass Informationen verloren gingen.

Wirklich Geld verdient haben jedoch stets andere im Unternehmen.

Diese Sichtweise half mir sehr, meine Rolle einzuordnen. Ich bin sicher nicht unwichtig, doch wirklich wichtig sind die Menschen, die etwas erschaffen, womit das Unternehmen Geld verdient und damit letztlich mein Gehalt zahlt.

Ich sehe mich seitdem als eine Art IT-Hausmeister und diene am besten, indem ich eine gut funktionierende, sichere Umgebung bereitstelle, die den Menschen beste Voraussetzungen zum Arbeiten bietet.

Der sichere Weg muss der einfachere sein oder zumindest nicht die schwierigste.

Bei einem Konzern gab es eine Limitierung der Größe des Postfachs auf 50 MB. Für Consultants hieß das: 3-4 Präsentationen, ein paar größere Exceltapeten und das Postfach war voll.

Theoretisch hätten alle größere Postfächer bekommen können. Doch die monatlichen Mehrkosten von 50 € hätte jemand sehr weit oben in der Hierarchie begründen müssen.
Wohlgemerkt für Personen mit Tagessätzen von weit über 1000 €.

Die Consultants umgingen diese Hürde vom ersten Tag an, indem sie für die Kommunikation die unlimitierten Mailaccounts ihres Unternehmens nutzten.
Streng vertrauliche Daten verließen so den Konzern, weil die Arbeitsumgebung nicht den Bedürfnissen der Anwendenden entsprach.

Menschen möchten ihre Aufgaben erledigen und finden bei Einschränkungen immer Wege. Man kann (und muss zum Teil) mit Verboten arbeiten. Besser ist es jedoch, wenn der sichere Weg der bequemere ist. Das bedeutet mehr Aufwand bei der IT, aber das ist ja unsere Aufgabe.

Prozessoptimierung hilft und hilft und hilft und vermeidet Fehler und Fehler und Fehler

Die Optimierung von Geschäftsprozessen konnte ich während eines Personalentwicklungsprogramms eingehend lernen. Durch eine vergleichsweise kleine Änderung im Bestellprozess für interne Server wurde nicht nur viel Zeit eingespart, sondern darüber hinaus sehr fehleranfälliger Aufwand vermieden.

Seit diesem Training ist mein Blick für Prozessoptimierung geschärft. Immer wieder fallen mir Möglichkeiten auf, etwas einfacher zu machen und/oder weniger fehleranfällig zu machen.

Doch diese Veränderung eines Prozesses muss von den Menschen verstanden werden. Ich zeige daher nur neue Möglichkeiten auf, wenn ich mir sicher bin, dass dies hilft.

„You can say you to me“ hilft

Normalerweise gilt in unserem Kulturkreis noch das „Sie“ als Anrede. Ich empfinde dies besonders unter Kolleg:innen oft ungelenk und es entsteht bei mir ein Unwohlsein.

Meine IT Karriere startete bei einem amerikanischen Unternehmen. Das „Du“ war über alle Hierarchieebenen die normale Anrede.

Wie sehr doch so eine scheinbare Kleinigkeit Hürden in der Kommunikation untereinander abbaut!

Zum Glück gibt es immer mehr Organisationen mit grundsätzlichem „Du“.